Vom Leben als TROjaner

ja so bezeichneten die Mitarbeiter des VEB TRO sich schon in früherer Zeit – weit vor dem heutigen anderen Begriff aus der Computerwelt.


Mitte Juli bekam der Industriesalon einen Nachlass des Herrn Dr.Schmidt von seiner Witwe angeboten. Da zur Forschung ebenfalls die Einsatzstelle für Tiefladewagen gehört bat mich Frau Reumschüssel, den Nachlass zu sichten und zu bewerten.

Da saß ich nun vor 4 Kisten bei gefühlten 38 Crad und versuchte System in die übergebenen Unterlagen zu bekommen:

Herr Dr. Schmidt war als Führungskraft einer Abteilung am Wirken und Leben des VEB TRO mit seiner Brigade maßgeblich beteiligt – die übergebenen Brigadetagebücher zeichneten ein genaues Bild vom Brigadeleben. Von der frühen Karriere über Projekte, Vortragsreisen, Urlaube waren umfangreiche Zeugnisse der Zeit aus den Brigadetagebüchern zu entnehmen. Neben der Arbeit und der Entwicklung kümmerte sich die Brigade um eine Klasse einer Schule in Schöneweide und selbst Kollegen im Dienst bei der NVA wurden nicht vergessen. Ob es nun Neuerungsvorschläge waren, Missstände beseitigt wurden oder interessante Projekte begleitet wurden – aus ca.10 Büchern konnte man anhand der Berichte und Fotos  ein umfangreiches Bild der Zeit nachzeichnen. Dr.Schmidt war mit seiner Abteilung an der Entwicklung der Wandertransformatoren und anderer Produkte des VEB TRO beteiligt, sowie an der Gestaltung der neuen Schwertransportanlagen für die neuen Trafos und den dazugehörigen Tragschnabelwagen.

Dies hatte zur „Wendezeit“ ein schleichendes bis schnelles Ende: Teile des TRO wurden privatisiert und Herr DR.Schmidt wurde in die Geschäftsführung des verbliebenen Werkes berufen. Gewerkschaften traten auf den Plan und in das Werk und die vorhandene Mannschaft musste sich sehr schnell auf das „westliche Geschäftsleben“ einstellen.

Der Niedergang war nicht aufzuhalten. Man konnte in den Unterlagen förmlich die Bemühungen der Geschäftsführung mitfiebern, um das Werk und die Arbeitsplätze zu retten. Aus den Unterlagen geht hervor, das dies mit innovativen Produkten auch möglich war – bis nach Arabien wurden die hochwertigen Produkte des TRO geliefert.

Wie so oft in dieser Zeit waren Politiker eingeladen, versprachen viel und hielten wenig. Ob es nun Herr Kohl oder Herr Scharping oder andere Politikgrößen des Standortes waren. Zum Schluss blieb nur eine Übernahme durch die AEG. Aus den Notizen geht hervor, das diese fest beschlossen war – aber kurz vor der Übernahme die AEG durch Mercedes selbst übernommen wurde…..der Rest wurde Geschichte.

Herr Dr.Schmidt sammelte zum Glück viele Unterlagen, die nun entweder im Original oder als Kopie erhalten sind. So sind wichtige Maßzeichnungen der Wandertransformatoren, Werksfotos, Lieferlisten, schriftliche Aufzeichnungen und die von mir erwähnten Brigadetagebücher erhalten geblieben.

Für mich waren einige neue Fotos der Tragschnabelwagen und der Trafoverladung ein wahrer Schatz.

Danke an Hr.Dr.Schmitz, denn das ist es – was von seinem Wirken & Leben bleibt.

 

 

Henry Verfasst von:

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